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Bauerngärten – die guten Gaben des Gartens

Der gute alte Bauerngarten bietet Blumenschmuck für Festtage, aber auch für Trauerfeiern. Sein Obst und Gemüse bereichern die Küche, seine gesunden Kräuter jede Hausapotheke. Er tut der Seele gut – und bringt sogar ein bisserl Geld.

Von Mutter zu Sohn! Philipp & Brigitte Parbus pflegen die Tradition und entwickeln mit ihrem Bauerngarten neue Trends.
Von Mutter zu Sohn! Philipp & Brigitte Parbus pflegen die Tradition und entwickeln mit ihrem Bauerngarten neue Trends.

Mit Brennender Liebe kennt sich Brigitte Parbus bestens aus. Und das hat nicht nur mit Ehemann Karl zu tun.
Unbändiger Leidenschaft für die Natur, einem geschickten Händchen, viel Fleiß und der nötigen Portion Gelassenheit ist es zu verdanken, dass sich das leuchtend rote Nelkengewächs mit dem inbrünstigen Namen unaufhaltsam seinen Weg ins Herz der Gartenbäuerin bahnte. Und das tut es heute noch, flankiert von Margeriten, Gladiolen, Pfingstrosen, Veilchen und Vergissmeinnicht. Schauplatz des Spektakels: der prächtige Garten der Familie im Weinviertel. Ein Ort, an dem Kraut und Rüben nebeneinander gedeihen, alte Tradition auf neue Trends trifft und die nächste Generation längst ihre ersten Fußabdrücke in der Erde hinterlassen hat.
„Angefangen hat alles mit meiner Urgroßmutter. Sie hatte ihr kleines eingezäuntes Fleckerl Erde, und das war immer bunt. Nichts hat mich so fasziniert wie diese Farbenpracht“, erinnert sie sich. Die ersten Bande waren geknüpft, das zarte Pflänzchen der Zuneigung wurde von da an stetig gegossen. Mit der Hochzeit verwirklichte sich dann endlich der Traum vom eigenen Garten. „Freunde aus Holland schenkten uns Tulpenzwiebeln. Ich ging ins letzte Eck hinaus und steckte sie in die Erde. Wie die Amerikaner es einst mit ihrer Flagge auf dem Mond gemacht haben. Meine Pflanzen, mein Reich.“
Und sie fügt schmunzelnd hinzu: „Das war auch notwendig, meine Schwiegermutter war eine dominante Frau. Ein Widder, so wie ich.“
Diese kleine Revolte legte den Grundstein für ein großes Herzensprojekt, das im Laufe der Jahrzehnte zu einem Hort der Lebensfreude gedieh und als Schaugarten der Bewusstseinsinitiative „Natur im Garten“ seit dem Jahr 1998 Bewunderer anlockt.

VOM KLOSTER- ZUM BAUERNGARTEN
Doch was macht den Garten eigentlich zum Bauerngarten? „Die Bedeutung ist in der Anlage verwurzelt. Es gibt in dieser Gegend hier immer eine Schattenseite und eine Sonnenseite. An der Schattenseite wuchsen die Muttertagshortensien. Außerdem gab’s die Mistgrube mitten im Hof, darauf stand der Zungenkaktus. Und das Plumpsklo mit der Hauswurz am Dach. Ganz hinten war der Obstgarten. Diese klassische Aufteilung ging mit dem Lebensrhythmus und dem Jahreskreis einher, das hängt alles zusammen“, weiß Brigitte um den Ursprung ihres Reiches. „Und dann war da natürlich noch das Gartl mit all den schönen Schmuckpflanzen für die Kirche und den Friedhof. Da wuchs auch Gemüse und vieles für die Hausapotheke. Dieser Teil war und ist das Herzstück des Bauerngartens.“
Dessen Geschichte reicht übrigens bis ins frühe Mittelalter zurück, Vorbild waren die Klostergärten. Typisch war das Wegekreuz, das ihn in vier gleich große Bereiche teilte. In der Mitte prangte ein Blickfang in Form eines Rondells, eines Wasserbeckens oder einer Sonnenuhr. Ein Holzzaun schützte nicht nur vor Tieren, sondern diente auch der Einfriedung. Die Botschaft: Hier darf die Seele in Ruhe baumeln.

ALTES WISSEN, NEUE TRENDS
Vieles an diesem Bild ist gleich geblieben, einiges hat sich geändert. Frischer Wind fegt schließlich auch durch den Bauerngarten. „Man muss immer so wirtschaften, wie es aktuelle Bedingungen verlangen. Schon allein wegen des Klimawandels. Früher hat man auf Regen gewartet, heute hilft man nach“, sagt Brigitte. „Es ändert sich ständig etwas. Wir haben Gemüse vom Gartl aufs Feld ausgelagert und für den Eigenbedarf einen kleinen Weingarten mit pilzresistenten Sorten angelegt. Da wird nicht gespritzt, das ist die ideale Lage für Kräuter. Es wächst alles, von Muskatellersalbei und Thymian über die Kuhschelle bis hin zu Griechischem Bergtee. Das ist ein wilder Haufen.“ Apropos wild: „Kraut und Rüben, so lautet mein Credo. Ich kann dem Hype um die Monokultur nichts abgewinnen. Nur Gartengestalter, die mit der Aufzucht und der Handhabe nichts zu tun haben, predigen sie. Und am Ende haben die Gartenbesitzer den Salat. Der Buchsbaumzünsler, zum Beispiel, ist das Ergebnis. Die Raupe frisst Buchsbäume bis zum Gerippe weg. Und das nur, weil es modern ist, sie haufenweise nebeneinander zu pflanzen. Früher gab es nur einen Buchsbaum, aber diesen Schädling nicht.“
Die Notwendigkeit ist der eine Grund für Veränderung, der Spaß an der Abwechslung der andere. Der Garten ist im wahrsten Sinne des Wortes Brigittes Spielwiese: „Ich liebe neue Trends. Im Moment experimentiere ich mit Square-Food-Gardening, da wird alles in Vierecke unterteilt. Ich kombiniere unterschiedliche Konzepte, aber immer im Einklang mit dem Landschaftsbild.“ Natürlich ist nicht jede Idee von Erfolg gekrönt. „Ich hab auch schon Blödsinn gemacht“, gesteht sie. „Auf mein Gabelblatt war ich so lange stolz, bis ich nach Irland gefahren bin. Dort hab ich gesehen, wie großartig etwas wächst, wenn es sich wohl fühlt. Dagegen war meines wie ein Bonsai. Wenn der Lebensraum nicht passt, muss man das akzeptieren.“

Immergruen_003DAS KLEINE PARADIES
Nur die Harten kommen in den Garten. Und das gilt auch für jene, die ihn hegen und pflegen. Das Wort „Arbeit“ will Brigitte mit ihrem Paradies aber nicht in Verbindung bringen. „Menschen, die ihr Herz wirklich im Garten haben, sprechen nie von Mühsal. Ein Tag, an dem ich mit Widerwillen hinausgehe, ist ein verlorener.“
Und vieles ist, wie so oft, auch nur eine Frage der Perspektive. „Kein Mensch streut uns einen goldenen Teppich, nur die Birke tut es. Warum stressen wir uns, das Laub im Herbst sofort wegzukehren, wenn wir uns daran erfreuen könnten? Oder Schneeglöckchen. Recken sich aus der Erde und sind trotzdem blütenweiß. Etwas Schöneres gibt es doch nicht.“
Die Passion für die Pflanze ist für die Gartenbäuerin der größte Antrieb, weiterzumachen. Aber auch das Geld spielt eine – wenn auch bescheidene – Rolle. Von April bis Oktober ist der Schaugarten geöffnet, für 3,50 Euro werden Besucher 90 Minuten lang in die Flora des Weinviertels entführt. Im Idealfall wechselt anschließend die eine oder andere Blume den Besitzer. Nach dem Rundgang sitzt man noch gemütlich beisammen. „Das ist ganz wichtig“, sagt Brigitte. „Den Garten soll man nicht nur beackern, man soll ihn auch genießen.“ Etwa in der „Vollmondnacht“, da verwandelt sich der Grünraum in eine Event-Location. Und: In der Gegend erzählt man sich, dass dann im Garten sogar gejodelt wird.

SAG’S DURCH DIE BLUME
So vergnüglich ging es natürlich nicht immer zu. Als Herrin über 1350 Quadratmeter, Ehefrau und Mutter von vier Kindern gab es auch schwierige Zeiten. Kaum verwunderlich, dass der Garten in diesen Momenten zum Verbündeten wurde. „Da bin ich raus und habe mir den uralten Rasenmäher geschnappt. Der war so laut, dass ich niemanden verstehen konnte. Und sowieso wussten alle, dass sie mich jetzt besser nicht anreden.“ Was auch nicht nötig war, Brigitte hat’s durch die Blume gesagt.
Zu Hause ist es mittlerweile ruhiger geworden, nur Tochter Magdalena (33) und Sohn Philipp (21) leben noch bei den Eltern. Und ausgerechnet der einzige Stammhalter sorgt für einen erfrischenden Traditionsbruch. Obwohl das Gartl der Legende nach von jeher in den Händen der Frauen liegt, kramperlt Philipp ganz vorne mit. Nach Abschluss der Schule für Garten- und Landschaftsbau konzentriert er sich jetzt auf die Pflanzenvermehrung. Sein Ziel: „Von allem, was hier gut wächst, soll noch mehr wachsen.“
Seine Arbeit versteht der Nachwuchsgärtner auch als Antwort auf den aktuellen Sortenboom. „Ständig wird etwas Neues angeboten, die Lebensdauer beträgt oft nur zwei Jahre. Dann verschwinden die Sorten aus dem Katalog, weil die Menschen schon wieder etwas Neues wollen.“ Seine „Babys“ werden am elterlichen Feld gezogen und als stabile Jungpflanzen verkauft. Nicht blühend. So haben sie genügend Zeit, sich an die Bedingungen des Weinviertels zu gewöhnen und ihre volle Schönheit zu entfalten. Und das ist gut. Denn so kommt jeder, der dazu bereit ist, für nur drei Euro zu Brennender Liebe.

 

Quelle: Unser Land Ausgabe April 2016, Text: Matilda Mezen, Foto: Markus Kucera;