Roboter auf Unkrautjagd

Die Zukunft hat begonnen: In spätestens zehn Jahren sind mechanische Methoden der Unkrautregulierung wirksam und auch ökonomisch sinnvoll. Der Lagerhaus-Verbund setzt dabei zukünftig auf bewährte Miet-Modell-Varianten.

Noch gibt es sie nur als Prototypen: Doch erste Versuche zeigen, wie sich die Arbeit der Bauern verändern wird – weg von stundenlangen Fahrten auf Mähdreschern hin zur Steuerung von modernen Robotern. Feldroboter könnten in Zukunft nicht nur fehlende Saisonarbeiter in der Österreichischen Landwirtschaft ersetzen. Schon bald könnten die ersten Feldroboter zur Unkrautbekämpfung zum Einsatz kommen.

Wie funktioniert die Unkrautbekämpfung durch Feldroboter?
Der Roboter fährt selbstständig mit niedriger Geschwindigkeit über das Feld. Mithilfe von Sensoren nimmt er Informationen über den Pflanzenbestand auf, verarbeitet die gesammelten Daten in Echtzeit und kann so Nutzpflanzen von Unkräutern unterscheiden. Die auf diese Weise lokalisierten Wildpflanzen kann die Maschine dann durch klassisches Hacken beseitigen. Herbizide werden im Idealfall komplett überflüssig. Auch, wenn der Unkrautbefall chemische Unterstützung erfordert, können autonome Roboter diese sehr gezielt und exakt dosiert ausbringen. Diese Weiterentwicklung des Precision-Farming spart Kosten und schont Boden, Grundwasser sowie wildlebende Tiere und Pflanzen.
Während große Unternehmen und diverse Hochschulen in verschiedensten Entwicklungsstufen der Landwirtschafts-Robotik stecken, testet die Agro Innovation Lab (AIL) aktuell Roboter zur mechanischen Unkrautregulierung und zur automatischen Ernte.

„Robotti“ im Einsatz
Beim Starten des Motors ist das vertraute Diesel-Geräusch zu vernehmen, mit einem leichten Ruck setzt sich die silbergraue Maschine in Bewegung, senkt das Arbeitsgerät auf den Acker ab und zieht ruhig ihre Bahnen. Hört sich nach landwirtschaftlichem Alltag an – allerdings mit einem großen Unterschied: Es ist weit und breit kein Traktor zu sehen, kein Mensch übernimmt die Steuerung. Hier ist „Robotti“ im Einsatz, der autonome Geräteträger des dänischen Start-ups Agrointelli.
Sind das Feld, mögliche Hindernisse und das gewünschte Gerät zur Aussaat, Düngung, Unkrautregulierung oder Ernte einmal am Computer definiert, übernimmt der Roboter selbstständig die Ausführung der Arbeiten. „Robotti“ wiegt etwa 1.100 kg, verfügt über Allradantrieb, RTK-Empfänger und kann herkömmliche Geräte bis zu 3 m Breite tragen.

Im Rahmen der Kick-Off-Veranstaltung in Hafnerbach in Niederösterreich präsentierte das AIL Roboter beim Einsatz im Feld. Darunter „Oz“, ein Roboter zur Unkrautbekämpfung. © Georges Schneider

„Robotics Challenge 2019“ sucht beste Agrar-Roboter
Das Agro Innovation Lab (AIL) begibt sich mit der „Robotics Challenge 2019“ auf die Suche nach der neuesten Generation an Robotern, die sich für den Einsatz auf Österreichs Feldern qualifizieren.
Agrointelli ist eines von 6 Unternehmen, die es in die Robotics Challenge des Agro Innovation Lab (AIL) geschafft haben. Dabei werden die weltweit spannendsten Robotik-Lösungen in den Bereichen Erntetechnik und mechanische Unkrautregulierung gesucht. Alle Teilnehmer wurden kürzlich auf dem Hof der Familie Strohmaier im niederösterreichischen Hafnerbach vorgestellt und einige Prototypen live vorgeführt – ein Blick in eine nicht mehr allzu ferne Zukunft.

Einsatz vom Wetter unabhängig
Setzen die Entwickler von „Robotti“ noch auf Diesel-Antrieb, weil er den Landwirten vertraut und notfalls leichter zu reparieren ist, so bewegt sich „Etarob“ mit 4 Elektromotoren. Der selbstfahrende Roboter des Mascor-Instituts der deutschen FH Aachen kann bei allen Wetterlagen in Reihenkulturen bzw. im Gemüseanbau eingesetzt werden und unterschiedliche klassische Werkzeuge für die selektive Düngung oder Ernte aufnehmen. Speziell für „Etarob“ entwickelt wurde ein Gerät zur gezielten Unkrautvernichtung per Hochspannung. Zur autonomen Unkrautregulierung in Reihenkulturen gibt es noch weitere Systeme: So greifen die Roboter des Bosch-Tochterunternehmens Deepfield Robotics auf eine Datenbank mit mehr als 4,3 Mio. Bildern zurück, um Pflanzen zu identifizieren und gegebenenfalls zu entfernen. Erstes Anwendungsgebiet ist der Zuckerrübenanbau. Die Geräte des US-Start-ups Tensorfield bekämpfen Unkraut in Spinat- und Römersalatkulturen mit erhitztem Rapsöl.

Einmal am Computer definiert, führen die Geräte selbstständig verschiedenste Arbeiten durch.

Robotik als Chance für die Landwirtschaft
„In 10 Jahren wird sich die Robotik durchgesetzt haben“, ist RWA-Bereichsleiter und AIL-Beiratsvorsitzender Christoph Metzker überzeugt. Vor allem im boomenden Biolandbau gebe es einen hohen Bedarf an mechanischer Regulierung. Da könnten Roboter im 7-Tage Einsatz den Landwirten viel Zeit ersparen. Auch AIL-Geschäftsführer David Saad sieht ein großes Potenzial, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch Robotik-Lösungen zu reduzieren.
Im Bereich Erntetechnik nehmen 2 Unternehmen an der Challenge teil: Cerescon aus den Niederlanden hat mit dem „Sparter“ einen Ernteroboter entwickelt, dessen Sensoren reifen, weißen Spargel in der Erde erkennen. Ab der entsprechenden Mindestgröße wird er in bis zu 3 Reihen parallel automatisch geerntet. Eine reife Erdbeere pro Sekunde erntet das Gerät des norwegischen Unternehmens Saga Robotics. Außerdem kann es UV-Behandlungen gegen Mehltau durchführen. Vorerst kommt der Roboter nur in Glas- und Folienhäusern zum Einsatz. Beide Lösungen sollen Ernteverluste durch fehlende Arbeitskräfte verhindern.

Erste Geräte ab 2020 am Markt
2 Innovationen aus dem vorjährigen Programm des AIL befinden sich in einer intensiven Demonstrationsphase und könnten schon 2020 auf den Markt kommen. Der „Vitirover“ der französischen Firma Vitirover Solutions ist ein intelligenter Mähroboter, der Gras und Unkraut in Wein- und Obstgärten reguliert. Der solarbetriebene Roboter benötigt lediglich die Eckdaten der Fläche und sucht sich dann selbstständig den Weg an allen Hindernissen vorbei. Bleibt er einmal hängen, verständigt er den Operator.
Der Oz Z440 des ebenfalls französischen Unternehmens Naio Technologies kommt in Gemüse-Reihenkulturen zum Einsatz. Der elektrisch betriebene Roboter ist mit unterschiedlichen Werkzeugen wie Hackelementen, Striegel oder Zinken ausgestattet und kann Unkraut selbstständig entfernen.

Mieten statt kaufen
Während die technische Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten ist, orten Metzker und Saad noch Aufholbedarf bei der Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene. Erst dann werden sich die Roboter in der Praxis bewähren können. Bezüglich der Kosten setzt Metzker auf das „bewährte genossenschaftliche Modell: Was dem Einzelnen zu teuer ist, kann der RWA/Lagerhaus-Verbund als Miet-Modell zur Verfügung stellen“. Wichtig sei es jedenfalls, „alle Innovationen den österreichischen Landwirten zugänglich zu machen“. Auch viele der Start-ups wollen vorerst nicht ihre Geräte zum Kauf anbieten, sondern die Arbeitsleistung pro Hektar.

Über Feldroboter
Ein Feldroboter ist eine technische Apparatur, die meist autonom mechanische Arbeit im Ackerbau verrichtet. Es gibt Feldroboter, die Unkraut jäten oder Saaten ausbringen. Ein Unkrautroboter soll den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verringern und Arbeitskosten einsparen. Die derzeit existierenden Feldroboter sind Prototypen. Feldroboter sind wahrscheinlich nur auf vergleichsweise kleinen Flächen bei Sonderkulturen oder Reihenfrüchten ökonomisch im Vorteil gegenüber großen Maschinen, die mit anderen Formen des Smart Farming optimiert werden können.

AIL-Beiratsvorsitzender Christoph Metzker (2.v.l.) und AIL-Geschäftsführer David Saad (3.v.r.) mit Teilnehmern der AIL. © Georges Schneider

Über Agro Innovation Lab (AIL)
Das Agro Innovation Lab (AIL) ist die gemeinsame Innovationsplattform der Raiffeisen Ware Austria AG und der BayWa AG. In den Jahren 2016 bis 2018 bewarben sich etwa 650 Start-ups aus mehr als 60 Ländern für die Teilnahme an den Acceleration- & Markt Entry Programmen des AIL. Wurde bisher breit nach innovativen Produkten und Dienstleistungen im gesamten landwirtschaftlichen Bereich gesucht, so legt die „Robotics Challenge 2019“ einen klaren Schwerpunkt auf Roboter zur mechanischen Unkrautregulierung und automatisierten Ernte. 129 Robotik-Unternehmen wurden weltweit identifiziert, 34 bewarben sich, sechs Finalteilnehmer wurden ausgewählt. Ihre Prototypen werden jetzt intensiv getestet und Mitte September werden die Sieger der Challenge gekürt.

Quellen:
VDI-Umfrage: https://www.vdi.de/technik/artikel/ohne-herbizide-autonome-feldroboter-fuer-die-bekaempfung-von-unkraut-1/

A Green Culture, Roboter im Praxistest: https://www.agreenculture.fr/

Unser Land 9/2019